Obsidianstudie zeigt veränderte Landnutzung und soziale Netzwerke in Armenienin der Kupferzeit
In einem neuen, in der Zeitschrift Antiquity veröffentlichten Forschungsartikel werden Obsidianfragmente aus einer neu entdeckten kupferzeitlichen Fundstätte in Armenien untersucht. Die Funde zeigen eine größere soziale Vernetzung in der Landschaft im Laufe der Zeit.
Das Chalkolithikum, auch Kupferzeit genannt, im Südkaukasus (5.000-3.500 v. Chr.) war eine Periode, die sich durch eine verstärkte Kupferproduktion und die fortgesetzte Nutzung der Steinzeittechnologie auszeichnete. Chronologisch gesehen liegt das Chalkolithikum zwischen den landwirtschaftlichen Siedlungen des Neolithikums und dem weitreichenden materiellen „Kulturpaket" der Kura-Araxen der frühen Bronzezeit. Trotz der Bedeutung dieses Zeitraums für das Verständnis der Entwicklung der sozialen Komplexität in der Region ist relativ wenig über die Veränderungen während des Chalkolithikums in dieser Region bekannt.
In zwei kürzlich erschienenen Veröffentlichungen hat ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Geoanthropologie (MPI-GEA) zusammen mit Archäolog:innen des Regionalmuseums von Yeghegnadzor, der Nationalen Akademie der Wissenschaften von Armenien und der Universität Yale eine multidisziplinäre Untersuchung einer Felsenlagerstätte in Südarmenien eingeleitet. Radiokarbondatierungen ergaben, dass die Stätte während dieser Schlüsselperiode mindestens fünf Jahrhunderte lang von Viehzüchtern bewohnt war (von ca. 4.100-4.000 bis ca. 3.600-3.500 v. Chr.).
Bei Ausgrabungen in der Felshöhle Yeghegis-1, benannt nach einem nahe gelegenen Dorf, wurden Zehntausende von Tierknochen sowie zahlreiche Steinwerkzeuge aus Obsidian und Tonscherben gefunden. Außerdem wurden Kupfergegenstände und Schlacke (ein Abfallprodukt aus der Verhüttung) sowie Artefakte aus Tierknochen, darunter Knochenspitzen und Perlen, geborgen.
Die Forschenden konzentrierten sich dann auf die rund 3.000 Obsidianfragmente und suchten nach Hinweisen auf zwei vermeintliche Trends im Südkaukasus während der Kupfersteinzeit: (1) die Besiedlung vielfältigerer Höhenlagen und (2) ausgedehntere soziale Netzwerke.
Obsidian, das nur bei Vulkanausbrüchen entsteht, hat eine einzigartige Zusammensetzung von Spurenelementen, die ihm einen unverwechselbaren Fingerabdruck verleiht. Durch die Untersuchung dieses chemischen Fingerabdrucks können Forschende einzelne Obsidianstücke mit bekannten vulkanischen Glasquellen in der Umgebung abgleichen und so die Bewegungen von Menschen sowie mögliche Handelsbeziehungen oder Kontakte zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen nachverfolgen.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sowohl das Leben in großer Höhe als auch die Ausweitung sozialer Netzwerke dynamische Prozesse waren. Im Laufe der Zeit gab es eine größere Ausgewogenheit bei der Nutzung der nächstgelegenen Weideflächen, was vermutlich mit Risikomanagement und/oder der Nachhaltigkeit der Ressourcen zusammenhängt. Bei späteren Besiedlungen der Stätte weisen Artefakte aus weiter entfernten Quellen auf umfangreichere Verbindungen hin. Diese zunehmende Vernetzung spielte wahrscheinlich eine zentrale Rolle bei den Veränderungen in der gesellschaftlichen Komplexität, die zu Beginn der frühen Bronzezeit zu einer weit verbreiteten materiellen Kultur im gesamten armenischen Hochland führten. In einem solchen Modell wird eine größere soziale Vernetzung zu einem Schlüsselmechanismus für die Verbreitung kultureller und/oder technologischer Innovationen und nicht nur zu einem Produkt dieser Entwicklung.
Die Forschenden setzen ihre Arbeit an der Fundstätte fort und untersuchen weitere Materialien, die Aufschluss über die Lebensweise der Menschen geben könnten, die in dieser wichtigen Phase der Menschheitsgeschichte in dieser Region lebten.













