Das neue Buch Nature's Greatest Success stellt ein neues Paradigma der Domestikation vor
Ein neues Buch von Dr. Robert Spengler befasst sich mit einer der größten Fragen der Biologie und der Sozialwissenschaften: der Domestizierung - was sie ist, wie sie zustande kam und welche Rolle der Mensch bei der Entwicklung der ersten Kulturpflanzen und Nutztiere wirklich gespielt hat

Seit fast zwei Jahrhunderten versuchen Forschende zu verstehen, wie der Mensch begann, Pflanzen und Tiere zu domestizieren. In Nature’s Greatest Success: How Plants Evolved to Exploit Humanity vertritt Robert Spengler die These, dass die Domestizierung nicht als bewusstes menschliches Bestreben begann, sondern ein evolutionärer Prozess war, der durch die Beseitigung des ökologischen Drucks durch menschliche Aktivitäten geprägt wurde.
Auf der Grundlage von zwei Jahrzenten Forschung und Feldarbeit in ganz Asien zeigt Spengler, Archäobotaniker und Leiter der Forschungsgruppe Domestizierung und anthropogene Evolution (Domestication and Anthropogenic Evolution) am Max-Planck-Institut für Geoanthropologie, dass sich die Domestizierung von Pflanzen und Tieren über Jahrtausende hinweg entwickelte, als sich die Arten an die Bedingungen in der Umgebung früherer Dörfer und Siedlungen anpassten. Durch menschliche Aktivitäten wurden diese Gebiete zu „Lebensrauminseln“, auf denen der gleiche evolutionäre Druck herrschte wie auf ozeanischen Inseln, wodurch die Evolution der betroffenen Arten beeinflusst wurde.
In Nature’s Greatest Success zeigt Spengler, dass die Merkmale, die lange Zeit als Kennzeichen der Domestizierung galten - wie etwa die Vergrößerung der Samen, die Veränderungen der Färbung, die Verringerung der Aggressivität und der Verlust des natürlichen Abwehrmechanismus - auch bei isolierten Arten auf ozeanischen Inseln vorkommen. Er argumentiert, dass dies kein Zufall ist, und stellt als Mechanismus die Ökologische Freisetzungshypothese (Ecological Release Hypothesis) vor, die besagt, dass die Domestizierung in der Vorgeschichte weitgehend darauf zurückzuführen ist, dass die Menschen Pflanzen und Tiere in der Nähe ihrer Dörfer und fern von Raubtieren und Pflanzenfressern hielten.

Die Auswirkungen sind weitreichend. Die Domestizierung und der Beginn der Landwirtschaft werden seit langem als Wendepunkte in der Menschheitsgeschichte angesehen. Wenn der Mensch jedoch unbeabsichtigt an diesem Prozess teilnahm, wie in Nature’s Greatest Success behauptet wird, dann ist unsere Rolle nicht die eines Designers oder Meisters der Natur, sondern die eines Teilnehmenden in einer fortlaufenden evolutionären Erzählung.
Außerdem findet die Domestizierung heute überall um uns herum statt. Die unbeabsichtigten Folgen menschlichen Handelns nehmen zu, so Spengler, so dass sich alles Leben auf der Erde auf dem Weg zur Domestizierung befindet.
„Wenn man versteht, wie sich die Domestizierung in der Vergangenheit entwickelt hat, hat das direkte Auswirkungen auf die heutigen Konservierungsinitiativen, denn der Mensch treibt die Evolution von Organismen weltweit rapide voran“, sagt Spengler. „Die einzige Möglichkeit, die langfristigen Auswirkungen der anthropogenen Evolution zu verstehen, sind archäologische Studien.“
Nature’s Greatest Success: How Plants Evolved to Exploit Humanity von der University of California Press ist ab dem 6. Mai 2025 überall im Buchhandel erhältlich. Weitere Informationen über Spenglers Forschung, Konferenzen und andere Bücher finden Sie unter folgendem Link: https://www.spenglerlab.com