Neue Studie enthüllt vorkolonialen Maisanbau und Tierhaltung im bolivianischen Amazonasgebiet
Biochemische Untersuchungen geben erste Einblicke über Mais als bedeutenden Nährstoff für die Entwicklung und sozioökonomische Komplexität im vorkolonialen Amazonasgebiet
Unser Verständnis der Menschheitsgeschichte im Amazonas hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten drastisch verändert. Ging man einst noch davon aus, dass der Amazonas lediglich Heimat für kleine Jäger-Sammler-Gruppen war, fand die jüngere multidisziplinäre Forschung Evidenz für Ackerbau, Domestizierung und die Entwicklung weitreichender urbaner Netzwerke mit mehr als 20 Millionen Einwohnern vor Beginn der europäischen Kolonisierung.
Erste Hinweise auf Garten- und Ackerbau lassen sich bereits vor 10.000 Jahren im Amazonasbecken finden. Wie diese jedoch zur Ernährung einer Region, mit einer Fläche größer als Europa, beitrug, bleibt durch die schwierigen klimatischen Bedingungen der Tropen weitestgehend ungeklärt. Dieses Problem wird deutlich anhand der Debatte, ob die Kultivierung von Mais um 3000 v.Chr. zu großen sozioökonomischen Veränderungen in der Region führte.
Forscher*innen der isoTROPIC Research Group gingen zusammen mit weiteren Forscher*innen aus Brasilien, Deutschland und dem UK dieser Frage nach. Dafür untersuchten sie die menschlichen Überreste aus den riesigen Grabhügeln von Salvatierra und Mendoza im bolivischen Amazonas (Llanos de Mojos). Die teilweise mehr als 1000 Jahre alten Stätten zählen zur Casarabe-Kultur, die trotz geringer Bevölkerungsdichte besonders große und komplexe urbane Strukturen im Amazonasgebiet und im südamerikanischen Tiefland schuf.
Die Ergebnisse der Forscher*innen deuten darauf hin, dass Mais mindestens 700 Jahre lang das wichtigste Grundnahrungsmittel der Casarabe war, obwohl sein Verbrauch im Laufe der Zeit leicht zurückging. Ein klares Indiz dafür, dass der Anbau von Mais eine zuverlässige und nachhaltige Methode war, um die Bevölkerung im historischen Amazonasgebiet zu ernähren.
Zusätzlich fanden die Forscher*innen Hinweise für eine stark auf Mais basierende Ernährung von Moschusenten (Cairina moschata), die zeitweise die von Menschen übertraf, was für eine gezielte Fütterung spricht. Dieser Nachweis von Tierhaltung wurde in der archäologischen Geschichte des südamerikanischen Tieflandes bisher nicht dokumentiert.
Die Erkenntnisse des Teams sprechen für komplexe Gesellschaften mit verschiedenen sozioökonomischen, ökologischen und subsistenzwirtschaftlichen Strategien, mit denen sie sich während des späten Holozäns aufrechterhielten. Ob und wie diese Gesellschaften mit den Urwäldern der Region umgingen und mit ihrer Landnutzung in Einklang brachten, kann nur mit weiterer Forschung geklärt werden.