Die Ernährung und Knochengesundheit etruskischer Säuglinge: Neue Erkenntnisse aus dem vorrömischen Italien

22. Mai 2024

In einer neuen Studie, die in PLOS ONE veröffentlicht wurde, enthüllt ein Forschungsteam der Abteilung für Archäologie am Max-Planck-Institut für Geoanthropologie (MPI-GEA), der Universität Pisa und der Universität Le Mans die frühen urbanen Lebensgeschichten der Etrusker.

Das vorrömische Italien war ein Flickenteppich unterschiedlicher soziokultureller Gruppen. Unter diesen gelten die Etrusker als wichtige Vorläufer des Weströmischen Reiches. Trotz ihres erheblichen Einflusses auf die Entwicklung paneuropäischer Handelsnetze und den Aufstieg der römischen Macht in Italien gibt es aufgrund der spärlichen historischen Quellen noch immer erhebliche Wissenslücken über ihr tägliches Leben, ihre Gesundheit und ihre Ernährung. Dieser Mangel erschwert es, die Auswirkungen ökologischer, wirtschaftlicher, sozialer und demografischer Veränderungen auf die vorrömischen Gruppen im 1. Jahrtausend v. Chr. , insbesondere auf Säuglinge und Kinder als die schwächsten Mitglieder einer Gesellschaft, vollständig zu verstehen.

Um diese Lücken zu schließen, wandten die Autor:innen dieser Studie biochemische Methoden an und untersuchten Knochenkollagen, inkrementelles Dentin und Zahnschmelz-Bioapatit bei erwachsenen und nicht erwachsenen Individuen, die im bedeutenden etruskischen Stadtzentrum von Pontecagnano in der Provinz Salerno im Süden Italiens bestattet wurden. Die Analyse stabiler Isotope in Knochen und Zähnen kann verwendet werden, um die Ernährung in verschiedenen Lebensphasen zu bestimmen, darunter auch, wie lange ein Kind gestillt wurde und wann es entwöhnt wurde. Diese Informationen können dann mit den Entscheidungen der Eltern, dem sozioökonomischen Kontext und den verfügbaren Ressourcen in Verbindung gebracht werden. Die Autor:innen stellten fest, dass sich die Ernährung der Erwachsenen sich auf C3-Ressourcen wie Getreide (Weizen und Gerste) konzentrierte, während tierische Proteine nur in begrenztem Umfang verzehrt wurden. Die Ergebnisse legen nahe, dass Kinder im Alter von 2,6 Jahren abgestillt und auf Nahrungsmittel wie Hirse und Fisch umgestellt wurden.

„Die Rolle von Hirse als Entwöhnungsnahrung ist eine unerwartete Erkenntnis und von großem Wert, um einen interessanten Aspekt der täglichen Ernährung in der etruskischen Gesellschaft zu beleuchten, da es nur sehr wenige Belege aus der Archäobotanik und anderen Disziplinen gibt”, sagt Giulia Riccomi, Leiterin des Projekts „Infant Paleopathology and Nutrition in pre-Roman Italy” und Mitglied der isoTROPIC-Forschungsgruppe unter der Leitung von Patrick Roberts, Mitautor der Studie.

Die Kombination von biochemischen Daten mit zuvor veröffentlichten paläopathologischen Analysen von Säuglingen und Kindern mit Skelettzeichen von Skorbut im Kindesalter zeigte darüber hinaus einen hohen Stickstoffgehalt im Dentinkollagen in den Monaten vor dem Tod.  Dies stimmt mit dem allgemeinen isotopischen „Stressmuster“ überein, das aus Phasen physiologischen Stresses, Hunger, Ernährungsstress und aktiven Skelettläsionen resultieren kann. Insgesamt deutet dies darauf hin, dass die etruskische Bevölkerung verschiedene Entwöhnungsstrategien verfolgte, um zu experimentieren und potenzielle wirtschaftliche Herausforderungen und Stresssituationen zu bewältigen, während die Ernährung der Erwachsenen eine wirtschaftliche Ausrichtung auf ähnliche Ernährungsgewohnheiten wie andere vorrömische Gruppen in Italien aufweist.

Die Untersuchung ist wegweisend für die Integration biochemischer Analysen verschiedener Gewebe und paläopathologischer Studien zur Erforschung des Stillens, der Entwöhnung und der Ernährungsgewohnheiten in Italien im 1. Jahrtausend v. Chr. und leistet einen wichtigen Beitrag zur wachsenden Literatur über weniger erforschte italische Gruppen.

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht